Wie wir uns eine smarte Stadt vorstellen: unser Smart City Manifest

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Workshop zur Erarbeitung des Manifestes (Bild: Tsüri.ch / Laura Kaufmann / CC2.0)

 

Passend zum Regeneinbruch kommt der Abschlussbericht unseres Themenfokus dieses Sommers: Die Inhalte und Erkenntnisse aus der Eventreihe „Smart Tsüri“ wurden in einem ausführlichen Abschlussbericht dokumentiert.

Hier möchten wir euch kurz und knapp die Quintessenz des Themenfokus in Form unseres gemeinsam mit Tsüri.ch verfassten Manifest zur Smart City weitergeben:

 

Manifest aus den Communities von Nextzürich und Tsüri.ch

Liebe Stadtverwaltung, liebe Politiker*innen, liebe Institutionen und Konzerne: Wir wollen eine smarte Stadt! Und so stellen wir sie uns vor:

  • Im Fokus der Smart City stehen immer die Mehrwerte für uns Lebewesen und zwar für uns alle. Die neuen Technologien begegnen gesellschaftlichen Herausforderungen und lösen soziale Probleme.
  • Die Technologisierung schont unsere Ressourcen und unsere Umwelt – und zwar kompromisslos und gesamtheitlich betrachtet: Ein Mehr an Technologie ist nur da legitim, wo es unter dem Strich zur Energieeffizienz beiträgt. Externe Umweltkosten werden dabei internalisiert. Staatliche Regulierungen und Anreize werden so smart, dass es sich auch wirtschaftlich lohnt ökologisch zu handeln.
  • Die Kontrolle über die Systeme wird nicht aus der öffentlichen Hand gegeben. Städtische Infrastrukturen dürfen im Zuge der zunehmenden Komplexität der Systeme nicht privatisiert werden.
  • Stattdessen wird in Bildung investiert, sodass unsere Verwaltungsangestellten, die uns repräsentierenden Politiker*innen sowie auch wir Wähler*innen selber kompetent genug sind, um die smarten Systeme und ihre Implikationen zu verstehen, mitzureden, sie mitzugestalten und sie zu kontrollieren.
  • Private Unternehmen unterstützen die Entwicklung der Smart City, aber sie sind weder die Treiber dieser Unterstützung, noch profitieren sie unverhältnismässig vom Aufbau der smarten Systeme. Auslöser des Umbaus ist ein demokratischer Auftrag, nicht ein verlockendes Angebot.
  • Die smarten Systeme sind inklusiv, ermöglichen allen den Zugang, schliessen niemanden aus, hängen niemanden ab. Dafür werden öffentlich zugängliche Geräte und ein sicherer Zugang zum Internet zur Verfügung gestellt. Barrierefreiheit wird gewährleistet. Die Vermittlung digitaler Kompetenzen wird gefördert.
  • Die Smart City steht in einem gesunden Gleichgewicht zwischen lokalen und globalen Interessen. Unsere Stadt macht sich durch den Ausbau zur Smart City nicht noch exklusiver. Trotz nationalem und internationalem Wettbewerb kommt die direkte Zugänglichkeit für Besucher*innen und Neuankömmlingen nicht zu kurz.Grenzen werden überbrückt, umliegende Gemeinden werden involviert. Der Graben zwischen Stadt und Land wird dank dezentraler Vernetzung nicht tiefer, sondern ländliche und urbane Gebiete werden vermehrt als sich ergänzende, vielfältige Lebensräume wahrgenommen.
  • Datensicherheit und Privatsphäre sind stets gewährleistet. Die Kontrolle über unsere persönlichen Daten liegt in unseren Händen und da, wo wir diese Verantwortung nicht übernehmen können, übernimmt sie der Staat. Die Verwertung der Daten wird durch klare staatliche Richtlinien geregelt und kontrolliert. Datenschutz und die Aufklärung über Datenschutz sind ein fortwährendes Anliegen.
  • Die smarten Systeme werden der Komplexität, Diversität und Vielstimmigkeit unserer Stadt gerecht. Die Algorithmen sind inklusiv und lernfähig, nicht diskriminierend. Die Wertesysteme, die durch Algorithmen und Regelsysteme implementiert und reproduziert werden, entsprechen unserer Verfassung und Gesetzgebung und können von uns eingesehen, diskutiert und kontrolliert werden.
  • Einheitliche, flächendeckende Systeme führen nicht zu Einheitsbrei, sondern ermöglichen und betonen unterschiedliche lokale und hyper-lokale Gegebenheiten und Eigenheiten.

 

_2018-07-12 Abschlussevent Tsüri-12

Gewichtungsprozess zum Themenbereich Inklusivität / Marginalisierung (Bild: Tsüri.ch / Laura Kaufmann / CC2.0)

 

  • Die Smart City stärkt die Demokratie und das solidarische Zusammenleben. Möglichkeiten demokratischer Teilhabe werden durch neue digitale Systeme vereinfacht und verstärkt. Information, Wissensaustausch nach dem Open Source Prinzip und Dialog stehen dabei im Fokus und leise oder bisher marginalisierte Stimmen werden besser gehört.
  • Smart bedeutet auch, dass ziviles Engagement, solidarische und kollaborative Systeme unterstützt werden, dass kollaboratives Wirtschaften gefördert und Systeme zum Teilen von Information, von Wissen und von Dingen zugänglicher gemacht werden.
  • Auch die Stadtverwaltung wird smarter, vernetzter und erleichtert es uns Städter*innen, z.B. eine Initiative zu starten, eine Demonstration anzumelden, uns für eine städtische Wohnung zu bewerben, die Steuererklärung auszufüllen oder eine Veranstaltungsgenehmigung einzuholen.
  • Niemand ist dazu gezwungen, an den smarten Systemen teilzunehmen. Die Teilnahme an den smarten Systemen verlangt stets ein aktives Opt-in unsererseits, anstatt eines Opt-outs, welches wir aufwändig suchen müssen. Wer die smarten Systeme nicht nutzen will oder kann, wird deswegen nicht marginalisiert, sondern kann trotzdem in der Stadt leben, sich in ihr bewegen und öffentliche Infrastrukturen nutzen.
  • Die Motivation für neue Entwicklungen ist keine rein technologische – Technologie, Digitalisierung, Effizienzsteigerung oder Zeitersparnis sind keine Werte an sich.
  • Wir können uns weiterhin unbeobachtet in der Stadt aufhalten, bewegen und anonym bezahlen ohne Repression zu erfahren. Denn dies sind Grundbedingungen für Opposition und die Möglichkeit zur Opposition ist eine Grundbedingung für den Erhalt der Demokratie.
  • Dadurch, dass digitale Systeme beweglicher sind als physische Infrastrukturen und schnelle Anpassungen und Veränderungen zulassen, wird die Stadt mutiger und traut sich öfter, neue Ideen einfach mal zu testen, bevor über eine langfristige Lösung abgestimmt wird.
  • Dadurch, dass uns die Smart City mehr Komfort bietet und Arbeit abnimmt, macht sie uns nicht zu machtlosen Konsument*innen, sondern – auch dank der dazugewonnenen Zeit für Bildung und Engagement – zu Co-Produzent*innen unserer Lebenswelt und der smarten Systeme, die sie prägen. Unsere Mitsprache und Mitgestaltung bei der Entwicklung und beim Aufbau der smarten Systeme ist stets erwünscht und wird eingefordert, die Innovationen werden gesamtgesellschaftlich diskutiert und ausgehandelt.

Liebe Stadtverwaltung, liebe Politiker*innen, liebe Institutionen und Konzerne: Wir wollen eine smarte Stadt! So, wie wir uns das vorstellen, wird das super!

 

Den ganzen Abschlussbericht könnt ihr hier nachlesen.

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