Die Stadt planen in New York – die Suche nach erschwinglichem Wohnraum

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Wie Stadträume bauen, ohne viel Land zu besitzen? Diese Frage stellt sich besonders für die Behörden in New York. Erick Gregory vom NYC Department of City Planning präsentierte eine mögliche Antwort. Erstens, arbeite mit Entwicklern und Eigentümern zusammen. Zweitens, steuere die Entwicklung mit Vorschriften. Und drittens, zeige den Beteiligten durch Skizzen und Visualisierungen, um was es geht und wie es werden könnte.

Es werde Platz

Als bekanntestes Beispiel stellte Gregory im Pavilleon die fussgängerfreundlichen Plätze vor, die mit dem Plaza Program ermöglicht wurden.

Ein Platz entsteht z.B. dadurch, dass wenig befahrene Strassenstücke vor Kreuzungen gesperrt, und wichtig: mit temporären Massnahmen vom Tag 1 an wohnlich gemacht werden. Dazu braucht es nur ein wenig Farbe am Boden, Pflanzencontainer und Steine. Die Eroberung des öffentlichen Raums gelingt hier also durch Tests und temporäre Interventionen statt strategischen Plänen und langen Diskussionen.

So füllte sich an einer Kreuzung in Brooklyn ein dreieckiger Spickel mit neuem Leben, die Geschäfte im Erdgeschoss florierten. Diese temporäre Form liess sich nach nur 10 Monaten nach der ersten Idee realisieren und hat einige Jahre Bestand. Mit Mitwirkung der lokalen Nutzer wird dann der Freiraum in seiner definitiven Form dieses Jahr als Putnam Plaza eingeweiht.

Wie erschwinglich ist «Affordable Housing»?

Die Gestaltung von neuen zugänglichen Freiräumen ist eng verwoben mit der Dichte-Thematik. Bevor die neuen New Yorker ihre Plätze besser nutzen können, brauchen sie ein Zuhause. Ein Zuhause notabene, das sie sich leisten können.

Hochhäuser kennzeichnen zwar die Geschichte und das Aussehen der Ostküstenmetropole, doch DIE Antwort auf den Bevölkerungsdruck sind sie zweifelsohne nicht. Denn häufig passen die Kosten der Appartments nicht zur Kaufkraft der meisten New Yorker. Gregory ist der Meinung, dass unabhängig vom sozialen Status niemand mehr als ein Drittel für Miete oder Hausabzahlung aufwenden soll.

Nachfrage aus dem Publikum: Was sind denn die genauen Kriterien für «Affordable Housing»? Erick Gregory vom Stadtplanungsamt bestätigt, dass möglichst viele Einwohnerinnen und Einwohner in ihrem individuellen Ausgabepotential eine Bleibe finden sollen, konkreter gehe das Richtmass nicht.

Als Lösung sieht er, unterschiedlich wertige und grosse Wohnungen zu ermöglichen. In einer Pilotstudie ging es darum, die Wohnungsanzahl in Wohnhäusern zu erhöhen, also die Grundfläche eines einzelnen Appartments bis zum Mindestmass zu verkleinern, um Bevölkerung mit tiefem Einkommen anzusprechen. In New York besteht wie in Zürich ein grosser ungedeckter Bedarf an 1- bis 2-Zimmerwohnungen.

Wieviel Wohnfläche braucht ein Mensch?

In der Micro Unit-Studie tüftelten die Urban Designer des NYC Department of City Planning an mehrmals verwendbaren Grundflächen herum, bis sie für New Yorker das Mindestmass einer Wohneinheit bekamen: 400 square feet (37m2)

Grundriss einer Microunit
Ein Mensch braucht mindestens 37m2 zum Wohnen, laut der Micro-Unit Pilotstudie. Image courtesy of New York City Department of City Planning
 

Ein Wohnblock mit 55 dieser Micro Units mit unterschiedlicher Ausstattung wurde schliesslich gebaut. Die New Yorker Öffentlichkeit reagierte verblüfft bis fasziniert auf dieses Projekt. Die Einheiten waren schnell vermietet. Es blieb jedoch bei diesem Prototyp-Block. Bei Neuvermietungen werden die Micro Units von den Vermietern inzwischen für 2000 USD ausgeschrieben. Eine Grösse, die sich ein Polizist oder eine Lehrerin knapp nicht mehr leisten können.

Den Entwicklern zuvorkommen

Eine der wenigen Möglichkeiten, für zahlbares Wohnen zu sorgen, ist darum eher, in noch wenig beachteten Gebieten neue Wohneinheiten zu schaffen. Ein Schwerpunktdistrikt ist z.B. East New York. Bevor Immobilieninvestoren es entdecken und bevor die Gentrifizierung richtig an Schwung gewinnt, prüft das Team um Gregory, wo z.B. Zonenänderungen eine sinnvolle Aufstockung ermöglichen. Zusammen mit der ortsansässigen Bevölkerung wird auch über Wünsche an Aussehen und Funktionen von zentralen Gebäuden gesprochen (hier ein Workshop-Bericht)

Aber ganz alleine geht es nicht: Nicht genutzte Wohnflächen, z.B. versiegelte Stockwerke, seien schwer direkt zu beseitigen. Denn wenn ein Eigentümer kein Interesse daran hat, in diese zu investieren, könne man nichts machen.

Dafür setzt das Stadtplanungsamt auf belebtere Aussenflächen. Neben dem erwähnten Plaza-Program hat Gregory auch einen Fonds zur Verfügung, mit dem in die Renovierung aufgegebener Parks investiert wird. «Bring back the neighborhood» lautet dabei Devise.

Zürich und New York: So unähnlich nicht

Im Laufe des Abends stellte sich heraus, dass Zürich und New York einiges gemeinsam haben: Nicht nur besteht die grosse Metropole zu einem Grossteil aus Nachbarschaften mit Dichtegraden, wie sie auch in Zürich zu finden sind, auch das Preisniveau sowie die Schwierigkeit eine erschwingliche Wohnung zu finden, sind oft ähnlich. Für die Arbeit der Stadtplanung scheint hier wie dort zu gelten, dass Verdichtung notwendig ist. Und: Dass man dabei von Seiten der öffentlichen Hand alle Register ziehen muss, um die Stadt lebenswert zu erhalten und die sich bietenden Möglichkeiten für eine Aufwertung der Lebensqualität zu nutzen.

Doch auch voneinander könnten beide Städte lernen. New York von der Vielfalt und Qualität des genossenschaftlichen Wohnungsbaus in Zürich und Zürich womöglich von dem Mut, mit Skizzen und temporären Interventionen die Zukunft gemeinsam mit der Öffentlichkeit und den Investoren zu diskutieren.